Johann Sebastian Bach „Weihnachtsoratorium“
08.12.2024 · Pauluskirche Ulm
„Das berühmte Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach war lange in der Versenkung verschwunden, bevor es wiederentdeckt wurde. In Ulm war es nun in besonderer Schönheit zu hören.“
„[...] Was aber ist denn der Zauber dieser Musik, was mobilisiert die Ulmer und Ulm-Umländer derart, dass die Pauluskirche - wieder einmal - bis zum letzten Platz ausverkauft ist? Wem es nicht schon beim Eingangschor ‚Jauchzet, frohlocket’ einen Schauer über den Leib jagt, der ist vielleicht für alle musikalischen Genüsse verloren. Hier baut sich eine komplex Chor- und Instrumentalstimmen verflechtende Pracht auf, die phänomenal auf die letzten Textzeilen ‚lasst uns den Namen des Herrschers verehren’ endet.
Schon die Art, wie in dieser ersten Kantate Tempo und Details angelegt sind, zeigt, wohin die Reise geht. Thomas Kammel hat mit dem Oratorienchor Ulm ein zügiges Tempo gewählt und, überaus wertvoll, eine sehr genau umgesetzte Balance aus großem Chorklang und fein-kammermusikalischer Dynamik. Bachs festliche Musik spielt immer wieder mit dem Kontrast aus großem Chor und intimer kleiner Besetzung. Für letztere sind hervorragende Solisten gefunden worden. [...] Das war die Überraschung an diesem Abend, dass insbesondere Ambs, Völklein und Wagner ihre Parts auch als Rolle sangen, mit einer Emphase, die den Bogen der Erzählung sinnfällig konturiert.
[...] Während die erste Kantate festlich strahlte, setzte die vierte (‚Fallt mit Danken, fallt mit Loben’) mit einem fast ‚swingenden’ Fluss ein, den der ausgezeichnet einstudierte Chor mit Inbrunst zu Gehör brachte. Danach aber sind es eher zarte, regelrecht intime Momente, die diese Kantate bestimmen und die von allen Aufführenden mit hoher Präzision und Freude an der Umsetzung dargeboten wurden; dass man immer wieder auch lächelnde Gesichter im Chor sah, wenn etwas besonders gut gelungen war, mag das bezeugen.
In den Kantaten fünf und sechs gefielen die sehr sanglichen Instrumental-Beiträge, insbesondere der Barockoboe mit den Sängern. Christian Wagners lyrischer Barton verschmolz mit dem strahlenden Sopran von Yuna-Maria Schmidt und Brigitta Ambs herrlich rundem Alt zu exquisiten Aria Terzetti. Tobias Völkleins klug erzählender Tenor machte dank punktpräziser Dynamik und Transparenz reine Freude.
[...] Ein famoser Konzertabend, den Chor, Solisten, Orchester und gerade auch Leiter Thomas Kammel mit großer Emphase, Begeisterung und Zügigkeit kredenzten.“
Florian L. Arnold in der Neu-Ulmer Zeitung vom 11.12.2024